Volunteering im Kindergarten auf Fidschi – was für’s Herz! Aber man muss sich dran gewöhnen. Ein ehrlicher Erfahrungsbericht aus 4 Wochen Freiwilligenarbeit in Suva, der Hauptstadt des Inselparadises Fidschi im Südpazifik!
Nach vier Monaten Weltreise hat es mich also nach Fidschi verschlagen. Hier startete ich in einem Volunteering Projekt, oder auch Freiwilligenarbeit genannt, auf Fidschi in einem Kindergarten. Ich hatte das Gefühl, nach ein paar Monaten süßem Nichtstun sei es an der Zeit etwas Sinnvolles zu machen, und so hatte ich mich noch vor der Abreise mit diversen Freiwilligenprojekten beschäftigt. Ich wollte etwas machen, was so ganz anders ist als meine Arbeit im Büro zu Hause. Und da ich in meinem Leben wenig mit Kindern zu tun hatte, fand ich, ein Kindergartenprojekt könne genau das Richtige sein und mich aus meiner kinderfreien Komfortzone locken 😉
Fidschi, oder besser gesagt, die Südseeinseln, standen ganz oben auf meiner Must-See-Liste, und so kam eins zum anderen. Nach einem Sightseeing Rundtrip in Japan, freute ich mich auf Sonne, Wärme, die Kinder, ein paar Wochen Alltag an einem Ort und das Eintauchen in die neue Kultur.
Das Freiwilligenhaus
Als ich an einem Sonntag im Mai dann in meinem Freiwiligenhaus von Green Lion (ich hatte den Aufenthalt über GoEco gebucht, mit denen mich die Seite Volunteerworld.com vermittelt hatte…kompliziert!) in der Nähe von Suva ankam, wurde ich von den Koordinatoren und den Volunteers vor Ort sehr nett begrüsst. Das Haus selber war sehr einfach und zweckmässig und ich brauchte ein paar Tage, um mit dem Ort warm zu werden. Das Haus der Organisation Green Lion liegt nicht unmittelbar in Suva City, sondern in einem Vorort, „Narrere“, und auch nicht, wie man im ersten Moment denken mag, am Strand. Eigentlich gibt es rund um Suva, der Hauptstadt von Fidschi, gar keinen Strand – ein Irrtum, dem noch einige meiner Mit-Volunteers erliegen waren, die sich auch vorgestellt hatten, ihre Freizeit am Strand liegend zu verbringen ;-)… Ich hatte dies zwar vor meinem Aufenthalt rausgefunden, jedoch nach dem Buchen. Deshalb, wenn man wirklich am Meer sein möchte, ist dies nicht der richtige Ort. Die Umgebung ist sehr dörflich, es gibt einen grösseren Supermarkt in der Nähe und mit dem Taxi kann man in einigen Minuten ein Kino oder ein paar Restaurants erreichen. Mit dem Bus nach Suva dauert es, je nachdem welchen Bus man erwischt, zwischen 30 und 60 Minuten. In Suva selber gibt es einige Restaurants, Bar und Geschäfte, aber man sollte keine pulsierende Großstadt erwarten. Insgesamt ist das Leben dort eher ruhig und findet in den Familien statt. Oder für uns Freiwillige eben im Freiwilligenhaus.
Eine exklusive Einführungsswoche
Meine erste Woche im Projekt war eine Einführungswoche. Ich lernte erst vor Ort, dass diese nur stattfindet wenn man mit der Organisation GoEco gebucht hatte, alle anderen (bis auf einen) Volunteers hatten nur einen Tag Introduction. Und so verbrachte ich die ersten Tage mit Stadtführungen durch Suva, dem Besuch des Fidschi Museums, dem Besuch eines wunderschönen Wasserfalls in Regenwald, einem Marktbesuch mit anschliessendem Kochunterricht in fidschianischem Essen, einem Sprachkurs, einem Armband-Webkurs, sowie verschiedenen Kava Sessions (Fidschianisches Nationalgetränk). Es war sehr entspannt und interessant, wir hatten allerdings recht viel Leerlauf zwischen den einzelnen Aktivitäten. Und obwohl ich ja eigentlich schon mein Aktivitätslevel durch die letzten Monate Reisen nicht mehr auf Deutschland-Niveau hatte, so habe ich ab und an doch mit der sehr lässigen Fiji Time gekämpft. (Artikel dazu hier!)
Die Volunteers
Insgesamt sind in dem Haus ca. 30 bis 40 Volunteers untergebracht (ein Teil davon übernachtet in umliegenden Häusern), welche in Kindergärten und Schulen als Lehrer oder im Bereich Construction, also z.B. das Streichen in Schulen, eingesetzt werden. Der Altersschnitt liegt eher bei 18-25, in den ersten zwei Wochen war noch ein Volunteer Ende Vierzig, eine Familie, sowie ein paar wenige andere über 30 mit dabei. Den Rest der Zeit war ich dann mit Abstand die Älteste. Insgesamt war die Gruppe trotzdem super und wir hatten viel Spaß gemeinsam, aber insbesondere gegen Ende hätte ich mir ein paar mehr Leute meines Alters gewünscht. Einfach nur, weil ich mir irgendwann echt alt vorkam. Haha 😉 Von den Nationalitäten waren vorwiegend Amerikaner und Deutsche im Haus, aber auch Franzosen, Engländer, Australier… und noch ein paar andere Nationen.
Das Kindergartenprojekt.
Am Ende der ersten Woche durfte ich dann erstmalig meinen Kindergarten kennenlernen. Langsam wurde es auch Zeit dazu. Ich musste einen Sarong und ein schulterbedeckendes T-Shirt anziehen, und durfte den ersten Morgen einfach nur zuschauen. Mein Kindergarten war einer der grösseren, mit insgesamt 76 Kindern. Allerdings auf zwei Gruppen verteilt und in jeder Gruppe gab es 2-3 Lehrerinnen. Die Kinder waren alle um die 5 Jahre alt, insgesamt kann man das eher als Vorschule bezeichnen, als als Kindergarten.
Mein erster Eindruck: Die Kinder sind süß und tragen alle eine recht ordentliche rosa karierte Uniform. Sie sind zur Hälfte fidschianischer Abstammung, zur anderen Hälfte indischer Abstammung (das wusste ich vorher auch nicht, fast die Hälfte der Einwohner auf Fidschi stammen von den Indern ab, die während der Kolonialisierung hierher verschifft wurden). Der Kindergarten selber ist recht hübsch und gross, es hängen viele bunte Bilder an den Wänden, an kleinen Tischen sitzen die Kinder in Gruppen und malen mit Kreide auf ihre Tafeln. Es wirkt friedlich.
Solange bis die ersten Kinder gelangweilt sind von ihren Tafeln und anfangen sich gegenseitig die Kreide zu klauen. Sofort ertönt die donnernde Stimme der Ober-Kindergärtnerin, welche die Kiddies zur Saison schreit. Ok, nun war ich nie Lehrerin in einem deutschen Kindergarten. Und meine eigene Kindergartenzeit liegt ziemlich lange zurück. Aber an schreiende Kindergärtnerinnen kann ich nich nicht erinnern. Die Lehrerin erklärt mir, dass man streng mit den Kindern sein muss, da sie sonst machen was sie wollen. Nun gut. Die erste von den 2,5 Stunden sitzen die Kinder weiter vor ihren Tafeln, manche malen irgendwas, andere versuchen das „topic of the week“ Wetter, von der Haupttafel abzumalen. Andere malen das D (den Letter if the week) oder die 4 (die Number of the week). Immer wieder wird das aufkeimende Getobe der Kleinen lautstark durch die Lehrerin unterbrochen, die ansonsten an ihrem Schreibtisch sitzt und die Kinder nicht beachtet. Ich sitze daneben und schaue mir das alles nur an.
Dann wird die Gruppe in der Mitte des Raumes versammelt und es werden Lieder gemeinsam gesungen. Man merkt sichtlich wie froh alle sind, dass es endlich eine neue Aktion gibt und sie was zu tun haben. Der Lautstärke-Pegel ist allerdings heftig. Die Kinder schreien lieber, als zu singen. Wir Volunteers werden aufgefordert auch was zu singen, aber logischerweise fällt mir kein englischer Song ein. Wir geloben Besserung. Danach werden die Kinder wieder in kleinere Gruppen aufgeteilt und bekommen ihre Projektaufgabe, heute ausmalen von Wolken. Die Lehrerin sagt immer „nur eine Farbe nehmen“ als wir sie Stifte umher reichen. So wird das Ausmalen eine ziemlich schnelle Angelegenheit. Danach folgt ein kurzes Mittagessen, bei dem alle ihre Lunchboxen herausholen, dann nochmal 20 Minuten Gesang und dann ist mein erster Morgen auch schon vorbei.
Wir laufen zurück zum Freiwilligenhaus und bereiten die Materialen für die nächste Woche vor. Wir haben immer 20-30 Minuten am Tag, um mit den Kindern eine Aktivität zu machen. Da uns aber nur Papier und Stifte zur Verfügung stehen, sind die Möglichkeiten ein wenig eingeschränkt. Wir entscheiden uns für das Ausmalen von Regenschirmen und so müssen wir nun zu dritt 70 Regenschirme auf DINA4 Papier zeichnen. Kopieren dürfen wir nur in Ausnahmefällen mal.
Wenn ihr euch jetzt fragt wie ich meinen ersten Tag fand: Interessant aber gewöhnungsbedürftig. Schon nach den ersten 20min kommt mein deutsches Manager-Effizienzdenken raus und ich würde da gern mal alles „optimieren“ weil ich nicht verstehe, warum man den Kindern nicht mehr Aufgaben gibt sondern sie statt dessen anbrüllt wenn sie anfangen sich zu langweilen. Oder was für einen Sinn es hat 70 Regenschirme per Hand vorzuzeichnen. Aber da ich ja nicht in einem fremden Land, in einem neuen Projekt, gleich all meine Kritik raushauen kann, bin ich still und harre den Dingen die da kommen.
Die folgenden 3 Wochen im Projekt: Im Grunde war jeder Tag ein wenig so wie der erste. Die Lehrer variierten den Ablauf immer mal ein klein wenig, manchmal gab es Arbeitsbücher für die Kinder, manchmal durften sie mehr bunte Farben benutzen oder mal im Freien spielen. Wir haben auch versucht die Aktivitäten zu variieren und auch mal Scheren und Kleber beim Basteln zum Einsatz zu bringen. Und ich habe den Kids sogar einen eigenen Song beigebracht, yeah :-).
Es hat mir wirklich viel Spaß gemacht mit den Kleinen zu arbeiten und nach einer Weile hatte ich meine Gruppe ins Herz geschlossen und sogar die Namen gelernt. Ich fand es toll, wenn ich es schaffte ihnen wirklich ein bisschen Wissen zu vermitteln und sie sich freuten wenn sie etwas gut gemacht hatten. Das „Teacher, teach me“ aus allen Ecken und die kleinen Hände, die nach mir griffen, um mich näher heranzuziehen, habe ich danach wirklich vermisst. Die Kinder sind, wenn man sie lässt, wirklich zuckersüss, voller Freude und Offenheit und die meisten super wissbegierig. Es war schon eine besondere Erfahrung dem echten Fidschi so nah zu sein und so viele kleine Freunde zu gewinnen. Und das Tschüss-sagen fiel mir tatsächlich am Ende doch viel schwerer als erwartet. Emotional gesehen war es eine wunderbare Erfahrung mit den Kindern zu arbeiten, die ich nicht missen möchte!
Trotzdem, bin ich immer noch der Meinung, dass man einiges ein bisschen effizienter machen könnte wenn man denn wollte. Quasi jeden Nachmittag haben wir wahlweise Papageien, Pferde, Enten, Wolken und was auch immer vorgezeichnet, damit die Kinder was zum Ausmalen hatten. Jeden morgen das Geschrei an den Tafeln aus Langeweile…. Aber auch hier musste ich einfach lernen: Fidschi ist Fidschi und ich zu Gast und ich kann nicht wirklich was ändern. Ausser mit soviel Herzblut wie möglich das Beste aus jedem Tag zu machen.
Wochenenden und Freizeit
An den Wochenenden fahren die meisten Freiwilligen entweder an die Coral Coast (ca. 2 Stunden Busfahrt), oder Richtung Nadi und dann auf eine der schönen Inseln dort (ca. 4 Stunden Busfahrt). Rund um Suva gibt es ansonsten wenig, vor allem wenig Strand. Meist organisiert einer der Volunteers den Trip und die meisten kommen dann mit. Die Ausflüge sind witzig und schön, aber auch anstrengend, da man Freitagmittag und Sonntagmittag jeweils die 4 Stunden im Bus (bzw. Meist wird ein Van organisiert) sitzt. An der Coral Coast kann ich jedem nur das Beachhouse empfehlen (kleines Resort am Strand), siehe auch meinen Artikel zum Reisen auf Fidschi. Die Atmosphäre hier ist einfach super gechillt, man kann surfen und Yoga machen und der Strand ist in Ordnung (nicht der Südseestrand den man vielleicht erwartet aber er ist schön). Alternativ kann man auch nach Pacific Harbour (selbe Richtung, nur eine Stunde entfernt), und hier z.B. beim Bull Shark Diving mitmachen. Unter der Woche stehen meist wiederkehrende Abende auf dem Programm. Dienstag ist Pizzabend, Mittwoch Partyabend in der Stadt und Donnerstag die offizielle Verabschiedung und Ankunftsveranstaltung.
Mein finales Fazit
Die Kinder und die Menschen generell auf Fidschi sind einfach nur toll. Die freundlichsten und herzensguten und fröhlichsten Menschen überhaupt! Über die Wochen habe ich dieses Land zu lieben gelernt. Es ist alles sehr einfach und sehr viel weniger hektisch als bei uns und es zählen einfach andere Werte. Die Menschen leben in einfachen Häuschen und Hütten, zwischen Palmen und Matschwegen. Aber sie haben alle genug zu Essen und es geht ihnen gut. Sie singen und sind einfach froh dabei und dabei unglaublich herzlich und gastfreundlich. Die Koordinatoren im Haus haben auch sehr grossartige Arbeit geleistet und standen uns immer zur Seite. Ich hätte mir trotzdem das ein oder andere mal gewünscht, mehr Einfluss auf die Abläufe zu haben, aber wahrscheinlich muss ich mich da einfach woanders austoben. Oder länger in solch einem Projekt sein als 4 Wochen. Die Stimmung im Haus war super, die Leute alle mega nett und es wurden tolle Freundschaften geschlossen.♥
An sich sollte aber jeder mal eine Weile so etwas gemacht haben, um seine Nase mal aus dem eigenen kleinen Dunstkreis zu strecken und das „echte“ Leben woanders zu schnuppern. Wie genau und mit welcher Organisation sollte man im Vorfeld allerdings gut recherchieren um Überraschungen zu vermeiden. Muss ja auch nicht gleich Fidschi sein, vielleicht gibt es sowas ja auch vor der Haustüre. Ich für meinen Teil weiss jetzt zumindest, dass ich nicht auf Kindergärtnerin umsattele. Ich finde es schon schöner, wenn meine Lehrbemühungen auf Gegenliebe treffen. Sprich mir wenigstens halbwegs zugehört wird, wenn ich was erzähle… 😉 😉
PS: Wenn ihr Fragen zu dem Anbieter bzw. der Organisation habt schreibt mir eine Nachricht, ich helfe gern!