Grüße aus Thailand: Meine ersten drei Monate als Digitaler Nomade und warum ich gerade jetzt so dankbar bin diesen Weg gegangen zu sein!
Schon seit über 2 Jahren lebe ich nicht mehr an einem festen Ort. Anfang 2018 bin ich los gezogen auf Weltreise. Letztes Jahr habe ich für einige Monate mein Konto in Berlin „aufgetankt“ und bin nun seit Januar wieder unterwegs in der Welt.
Der Plan stand!
Mit vielen Visionen und Plänen im Gepäck. Mit dabei auch ein Remote-Job auf Teilzeitbasis und dem Ziel nebenbei mein eigenes Coaching Business aufzubauen.
Von meinen Reisen in den letzten 2 Jahren kenne ich viele andere Digitale Nomaden in der Welt, bin ich verschiedenen Netzwerken und weiß, dass ich überall in der Welt Gleichgesinnte treffen werde. Mein Business aufbauen & meine Community ausbauen – das waren meine wichtigsten Ziele für 2020. Und die Voraussetzungen hätten besser nicht sein können…
Dieser neue Teil meiner Reise sollte in Langkawi (Malaysia) starten, mit einer Konferenz für Online Unternehmer. Dann war ein Monat in Thailand geplant, danach sollte es weiter gehen nach Bali. Im Anschluss stand Kalifornien auf dem Plan, dann kurz in die Karibik und die „Nomad Cruise“ sollte mich schließlich zurück nach Europa bringen. Wo ich dann im Mai und Juni irgendwo in Spanien oder Portugal leben wollte, um ab Juli für ein paar Monate nach Düsseldorf zurück zu kehren.
Soweit der Plan. Ich fand meine Planung ganz wundervoll. Ich hatte alles untergebracht was ich liebte: Viel Zeit auf ein paar der schönsten Inselchen und an den mir liebsten Plätzen der Welt mit allem was dazu gehört, inspirierende Menschen kennenlernen und lieb gewonnene wieder treffen. Zeit für meine eigenen Pläne und endlich wieder tägliche Freiheit! Ich muss zugeben: Ich war echt verliebt in meinen Plan. In das grandiose Leben was ich mir erschaffen hatte. Frei und unabhängig durch die Welt zu tingeln und die Dinge zu tun die ich wirklich, wirklich tun wollte. Ich hatte mich auf jeden einzelnen verdammten Tag dieses Jahres 2020 gefreut. Auf das Ausbauen meiner Coaching Ideen. Darauf noch mehr Menschen helfen zu können selbstbewusst ihr eigenes Leben zu gestalten. Darauf so viel Zeit wie möglich am Meer zu verbringen. Auf tolle Menschen und Begegnungen….
Das Digitale Nomadenleben
Und ja, bis vor zwei Wochen hat das auch alles prima geklappt. Also ungefähr gute zwei Monate lang. Langkawi war ein guter Start. Mit 100 anderen Online Unternehmern verbrachte ich ganze drei Wochen auf der Insel. In das Remote-arbeiten muss man sich als ehemaliger reiner Weltreisender und Büroarbeiter erst mal reinfinden. Aber nach etwa zwei Wochen war ich ganz gut eingegroovt, hatte meine Routinen raus und kleine Krisen erfolgreich gemeistert (Ladekabel lädt nicht mehr… Internetkomplettausfall…zu heiß zum Arbeiten ohne Klimaanlage… usw…). Es war einzigartig, in einem kleinen Ort dieser Welt in Malaysia mehr Menschen zufällig auf der Straße zu treffen als jemals „zuhause“ und allabendliche Beach-get-together haben diese Zeit mit meinen Citizen Circle Kollegen echt besonders gemacht. Aber auch Langkawi hat einige schöne Ecken, die es echt lohnt anzuschauen!
Weiter ging es nach Koh Phangan im thailändischen Golf. Hier traf ich einige bekannte Gesichter wieder. Durch einen Glücksgriff lebte ich in einem Bungalow genau am Strand. Jeden Morgen konnte ich nach dem Aufwachen den Wellen zuhören und meinen Tag mit einem Sprung ins kühle Nass an dem noch leeren Strand starten. Ein Träumchen. Auch das Arbeiten klappte hier prima. Bis auf mancherlei Internet-Aussetzer. So kleine Inseln sind schon ein bisschen tückisch was das Internet angeht… Aber es ließ sich alles irgendwie regeln. Ich habe realisiert, dass die Möglichkeit meinen Tag so einzuteilen wie ich es möchte, bereits ist ein großer Schritt Richtung Selbstbestimmung ist. Wann am Tag ich arbeite ist weitestgehend meine eigene Entscheidung und bis nachmittags schlafen sowieso alle in Deutschland. Ganz wunderbar!
Wenn man allerdings nicht mehr „nur“ als Reisender unterwegs ist, sondern dabei auch arbeitet, braucht der Tag sehr viel mehr Struktur. Das süsse Strandleben lockt ja immer als Alternative. Es hat mich aber auch angespornt effizienter zu sein, weil der Feierabend und das Wochenende so viel spannendes geboten haben (zu Hause ist es ja doch ehrlicherweise oft same same….). Ich habe mir meine Orte, an denen ich gut arbeiten kann gesucht. Co-Working Spaces oder Cafés. Bin direkt morgens hin und hab vieles so schon vormittags erledigt. Nachmittags standen dann oft noch Calls auf dem Plan, die ich meist aus meinem Bungalow erledigt habe, weil es dort ruhiger war. Nebenbei habe ich es sogar noch geschafft meine ziemlich einfache Website (goodbye Perfektionismus!) zu finalisieren und durfte ein Podcast Interview geben. Auch eine weitere Website habe ich gebastelt – in Kooperation mit meinen Co-Coaches aus der Ausbildung.Ich war also echt fleissig!
Koh Phangan ist eine wunderschöne, aber auch einfach magisch tolle Insel. Ein kleines bisschen habe ich auch in das spirituelle Geschehen der Insel reingeschnuppert (gerade an der Westküste hat sich eine vegane und spirituelle Yogi-Community angesiedelt) und meinen Horizont dadurch erweitert… teilweise wirklich spannend. Teilweise ein bisschen zu esoterisch für meinen Geschmack, aber jeder kann sich raussuchen was zu im passt. Im Nachhinein hätte ich das noch mehr auskosten sollen (weil jetzt ist alles dicht). Aber hinterher ist man immer schlauer…
Bali hat mich danach dann mit grünen Reisfeldern, den besten Restaurants (Foodie-Heaven in Canggu), mystischen Tempelchen überall und wieder vielen lieben Menschen begrüsst. Canggu war mir persönlich etwas zu voll und zu Hipster-lastig (das ist echt krass da!). Aber trotzdem mag ich den Spirit dort und die Energie auf Bali ist eine besondere. In Ubud lief Mitte März noch alles seinen alten Gang. Ich war mehrmals im vollen Yogastudio mit teilweise 60 Leuten in einem Kurs und habe die Restaurant-Szene ausgiebig genossen und nette Ausflüge gemacht. Irgendwann wurde es dann aber doch anders… als der ganze Corona Wahnsinn begann.
Der Corona-Wahnsinn ging los…
Nach und nach wurden die Veranstaltungen abgesagt. Alles wurde ruhiger. Viele sind abgereist. Von Panik allerdings hier keine Spur. Alles ging ansonsten fast normal seinen Gang.
Eine gewisse Panik bekam ich dann allerdings, als alle Grenzen nach und nach dicht gemacht wurden. Trump stoppte die Einreise aus den Europa in die USA. Da wollte ich doch hin! Was wäre eine Alternative? Macht es Sinn dort noch hinzufliegen? Was kann ich noch stornieren? Was muss ich alles zahlen? Dann auch noch Ausgangssperre in Kalifornien. Kann ich auf Bali bleiben wenn mein Visum ausläuft? Kann ich noch einen Visa Run machen? Wohin? Und ist das nicht Wahnsinn in einen Flieger zu steigen? Fühle ich mich hier sicher? Habe ich genug Freunde vor Ort? Will ich nach Deutschland? Ist das nicht vernünftiger? Wohin da? Zu meinen Eltern? Gibt es Flüge, gehen die noch? Wo kann ich sonst noch hin? Malaysia im Lock Down. Australien hat 14 Tage Quarantäne. Thailand ist noch offen. Noch. Koh Phangan war ruhig und schön und dort kenne ich es. Ich buche also einfach mal Flüge nach Thailand. Als Notlösung. Je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr wird das meine präferierte Lösung. Nach Deutschland würde ich wegen meiner Eltern gehen, ich habe ein schlechtes Gewissen sie alleine zu lassen. Aber kann mir auch nicht wirklich vorstellen den Rest des Jahres dort festzusitzen. Der Flug den ich mal gebucht hatte wurde dann sowieso gecancelt.
Nach einigen verdammt schlaflosen Nächten und gefühlt jeder Stunde neuen Meldungen, die meine Entscheidungsmöglichkeiten eingeschränkt haben, habe ich dann also entscheiden zu versuchen nach Thailand zu kommen. Inklusive aller Risiken unterwegs festzuhängen oder dort dann auch länger nicht weg zu kommen.
So schön das Leben als Reisende ist (für mich), aber mir ist nochmal mehr bewusst geworden, dass man als Digitaler Nomade eben nicht einfach ein Zuhause hat, in das man sich verkriechen kann, wenn die Welt verrückt spielt und „stay home“ ausgerufen wird. Dass dieses Heimatlose mich zwar eigentlich nicht stört, aber es in dieser Ausnahmesituation schon seltsam ist keinen „Rückzugsort“ zu haben (bzw. bei seinen Eltern, was auch total schön ist, aber als fast 40jährige auch nicht unbedingt ideal für länger…) oder sich diesen dann eben erst schaffen zu müssen (oder eben in sich selber finden zu müssen).
Ich habe in den letzten Jahren sowas von gelernt flexibel zu sein, zu vertrauen und optimistisch an alles ran zu gehen und vor allem auch Ungewissheit entspannt anzunehmen. Aber diese Situation hat mich trotzdem voll an meine Grenzen gebracht. Panikattacken inklusive. Tiiiiief durchatmen (ja das hilft nachweislich!). In die Stille gehen. Yoga. In die Natur gehen. Die Nase in die Sonne halten. Die Gedanken auf das Hier und Jetzt fokussieren wo alles gut ist. In den Pool springen. Mit zu Hause kontakten. Freunde treffen. Bier trinken. Darüber auch lachen können. Weitermachen. Das war meine Strategie um nicht völlig durchzudrehen in einer über Nacht verrückten Welt.
Mein Flug nach Thailand war dann quasi der allerletzte der noch recht problemlos ging. Danach waren die Grenzen dicht. Temperaturmessungen überall, Leute wurden aussortiert (wohin keine Ahnung…. selten so Angst gehabt!). Aber sonst bin ich gut angekommen. Erst auf Samui und am Tag drauf auf Koh Phangan. Und ab dem Moment war ich wieder ruhiger. Erst da habe ich gemerkt, welchen Stress ich die letzten Tage hatte. Ich konnte zum ersten Mal wieder durchschlafen. Liebe Menschen um mich haben mein Emotions-Level wieder auf Normalniveau gebracht.
Auch hier auf Phangan ist die Welt heute anders, als nur 3 Wochen vorher. Alles macht dicht. Keine Veranstaltungen, Restaurants und Cafés nur noch Take Away. Alle tragen Masken. Aber ich habe ein zu Hause auf Zeit gefunden in dem ich mich wohl fühle. Mit Küche und Meerblick. Und noch gibt es keine Ausgangssperre. Ich bin noch recht frei. Wie lange ich hier bleibe und ob das die richtige Entscheidung war wird sich rausstellen…. für den Moment könnte es schlimmer sein!
Ist das Nomadenleben jetzt dann vorbei?
Stelle ich meinen gewählten Lifestyle in frage? Nein. Ich liebe die Freiheit, da sein zu können wo ich sein will. Zu tun, was ich möchte und meinen eigenen Ideen zu folgen. Ich bin auch ehrlich gesagt gerade sehr froh hier in Thailand zu sein. Das Angstlevel in Europa scheint mir sehr hoch – wenn ich den sozialen Medien so folge. Ich habe auch Angst davor, dass dieses Virus unsere Freiheit dauerhaft einschränken könnte. Ziemlich sehr große Angst um ehrlich zu sein… Aber ich weiß nicht was kommt und daher akzeptiere ich erst mal was, ist bevor ich in Panik verfalle.
Ich bin heute nochmal mehr dankbar dafür, dass ich mich vor zwei Jahren auf gemacht habe mein Leben so zu leben, wie ich es mir wünsche. Dass ich die Welt gesehen habe oder zumindest einen großen Teil davon. Dass ich zum richtigen Zeitpunkt losgezogen bin. Diese Solo-Reise-Zeit hat mich so wachsen lassen, dass ich daran glaube auch Krisen und Unsicherheiten überstehen zu können. Dass ich keine Angst haben muss davor alleine zu sein (auch wenn ich Gesellschaft sehr schätze und liebe). Dass ich mit recht wenig auskommen kann wenn ich es muss (wenn man all sein Hab und Gut im Rucksack dabei hat merkt man wie wenig man zum Leben braucht).
Ich bin dankbar, so viele tolle Menschen getroffen zu haben, die ähnlich denken. Die sich unterstützen in dieser Zeit und sich nicht der allgemeinen Hysterie hingeben. Sondern aktiv werden, tolle kreative Ideen produzieren und sich ganz großartig vernetzten. Über alle Grenzen hinweg und Internet sei dank! Das ist fast schon wieder toll zu sehen welche Solidarität da entsteht.
Auch ich habe wirklich keine Ahnung wie sich die Welt entwickeln wird. Ob alles wieder halbwegs normal wird in ein paar Monaten. Aber ich glaube, dass in der Veränderung auch eine Chance liegen kann. Auch wenn es erstmal sehr weh tut. Und dass jeder von uns sich heute, mehr als jemals zuvor, fragen sollte, wie er sein Leben leben möchte. Denn es ist kurz und alles was wir kennen, kann von heute auf morgen anders sein. Und es kann zu spät sein dazu das zu tun was wir immer tun wollten. Diese Zeiten werfen uns auf uns selbst unsere ureigenen Ängste und Werte und Wünsche zurück und geben uns auch die Chance mal in uns reinzuhorchen. Was ist wirklich wichtig für mich? Wie will ich leben? Wofür bin ich dankbar? Und wie kann ich mich weiterentwickeln um gut da durch zu kommen und rauszukommen?
Ich werde meine Visionen weiterverfolgen. Auch wenn sie vielleicht einen kleinen Dämpfer bekommen haben. Oder ich sie ein bisschen anpassen muss. Vielleicht ist das ganz große Reisen erst mal passé, aber es geht ja auch anders. Es gibt schöne Orte in der Welt, an denen man ein Weilchen bleiben kann. Ist auch besser für die Umwelt nicht dauernd um den ganzen Globus zu jetten 😉
Das Leben ist Veränderung. Das wird uns gerade eindrucksvoll gezeigt. Nichts ist selbstverständlich. Alles ist ein Geschenk und wir, die wir in einem reichen Land aufgewachsen sind, sollten dafür täglich dankbar sein. Auch und insbesondere jetzt! (Die Menschen hier vor Ort haben keine soziale Absicherung, hier wird von der Hand in den Mund gelebt. Keine Touristen = kein Einkommen = nichts zu essen für die Familie!!)
Mir geht es gut, ich bin gesund, satt, sicher und dankbar für mein Hier und Jetzt. Und auch allen meinen Lieben geht es soweit gut. Das ist das Wichtigste.
Love. Peace. Health. To everyone out there. Verliert nicht den Glauben an euch und eure Visionen. Und seid liebevoll miteinander. Namaste.♥